Dies ist jetzt also mein aller letzter Post. Denn, während ich hier schreibe, bin bereits wieder zuhause in der Schweiz. Dennoch möchte ich euch gerne von meinen letzten Erlebnissen in Costa Rica erzählen.
Das drittletzte Wochenende fuhr ich zusammen mit anderen Austauschschülern (die aber ein Jahr in einem Colegio zu Schule gehen und nicht Freiwilligenarbeit wie ich leisten) nach Tortuguero in der Karibik - eine geführte, dreitägige Reise von AFS. Dieser Ort ist bekannt für seine riesige Zahl an Schildkröten, die ihre Eier am Strand ablegen kommen - daher auch der Name: Tortuga heisst Schildkröte auf Spanisch - und dass das Dörfchen nur per Fluss erreichbar ist.
So fuhren wir am Freitagmorgen nach einer knapp zweistündigen Busfahrt etwa eine Stunde über den Fluss zu unserem traumhaften Hotel in Tortuguero. Nach einem Willkommensapéro besuchten wir am Nachmittag das Dörfchen am gegenüberliegenden Flussufer sowie den Strand - leider aber war es aufgrund starker Strömungen verboten schwimmen zu gehen. Deshalb reinigten wir den Strand, um den Schildkröten, die im Juli bis September laichen kommen würden, einen abfallfreien Strand darzubieten. Leider aber konnten wir keine Schildkröten an sich beobachten, da um diese Jahreszeit noch kaum welche zu den Stränden finden.
Am folgenden Tag mussten wir sehr früh aus den Federn, da wir vor fünf Uhr morgens den Nationalpark besuchen gingen. Mit dem Boot und unserem persönlichen Führer fuhren wir durch die Kanäle und konnten viele exotische Tiere wie Kaimane, Leguane, Tukane, Mantelbrüllaffen, Weissschulterkapuzineräffchen und jede Menge verschiedene Vogelarten beobachten. Das Klima war noch nicht all zu heiss und die Atmosphäre einfach atemberaubend. Nach dem Frühstück folgte ein Spaziergang durch den Regenwald. Wir sahen eine Art von Riesenameisen (die sind wirklich riesig: Etwa so gross wie der kleine Finger eines Kindes), eine Art von essbaren Ameisen (schmecken nach dem ersten "Igitt" - Moment nicht mal so übel), Spinnen und eine Menge Vögel. Leider kreuzten keine Schlangen unseren Weg. Dafür durften wir ausprobieren wie es so ist sich aus Treibsand zu befreien. Gleich anschliessend ging es zum Canopy - zu einer Art Seilbahnpark durch die Baumkronen. Dies war richtig cool und ich genoss es mit meinen neuen Freunden durch den Wald zu "fliegen". Wir kamen sehr spät zurück und hatten demnach kaum Zeit für das Mittagessen. Aus diesem Grund gaben uns die AFS - Freiwilligen ein wenig mehr Freizeit, die ich nutzte, um mit meiner japanischen Freundin Natsuki mit einem Kajak über den Fluss zu rudern. Es machte echt Spass, nur leider liefen wir auf Grund auf und mussten aussteigen und stossen, weil der Fluss nicht so tief war wie erwartet. Später bekamen wir alle eine Tanzstunde für Bachata und Salsa. So kam ich doch noch zum tanzen, obwohl ich es erstens, nicht wollte und zweitens, es auch nicht wirklich gut konnte. Doch, ehrlich gesagt, gefiel es wir nicht mal so schlecht wie ich gedacht hätte. Zum Schluss pflanzten wir einen Baum, den zukünftige AFS - Gruppen dann ausgewachsen betrachten können werden - als eine Art Zeichen, dass wir uns um unsere Umwelt kümmern und ihr hohen Wert zuweisen. Dies war nämlich auch ein Ziel dieser Reise: Dass wir lernen wie wichtig die Umwelt und somit auch der Erhalt des Regenwaldes für uns alle ist - die Natur ist ein ausgeklügeltes System, das ohne die Zusammenarbeit von Flora, Fauna und dem Menschen nicht funktioniert. Und was wäre unser Planet ohne diese Naturschätze, die er uns in den Regenwaldregionen bietet? Nach einem gemütlichem Abend am Pool traten wir am Sonntagmorgen auch schon die Rückreise an - mir vielen schönen Fotos und ich persönlich mit vielen neuen Freunden aus der ganzen Welt im Gepäck.
Die folgende Woche war meine letzte Arbeitswoche im CEN - CINAI. Ich genoss die letzten Tage mit den Kindern und vor allem mit den Arbeitskolleginnen. Am Donnerstag brachte ich selbstgebackene Brownies für sie alle mit (Okay, die waren nicht ganz so gut wie sonst, da ich sie mit Schokoladenpulver backen musste, weil es unmöglich war Schokoladentafeln in Costa Rica zu finden). Trotz meiner Bedenken waren alle hellauf begeistert. Am Freitag dann feierten wir die Geburtstage der Angestellten, die die letzten drei Monate Geburtstag hatten, und gleichzeitig verabschiedeten die Chefinnen mich vom CEN - CINAI. Sie bedankten sich für meine Mitarbeit und wünschten mir alles Gute für die Zukunft. Ich sagte auch ein paar Sätze des Dankes - denn, obwohl ich diesen Beruf niemals mein Leben lang ausüben könnte, war es doch eine wundervolle und einmalige Erfahrung für mich. Ich lernte es zu schätzen in einem Erstweltland geboren zu sein. Ich lernte, dass Kinder Kinder sind - egal aus welchem Teil der Welt sie kommen. Ich lernte, dass es nichts schöneres gibt, als einem Kind ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Ich lernte wie man mit ihnen umgeht - wie man ein Mass zwischen Strenge und Toleranz auf die Kleinen anwendet. Ich lernte viel über Ernährung und die Menschen aus anderen sozialen Klassen. Und natürlich lernte ich viel über die costaricanische Kultur. Im Gegenzug brachte ich ihnen meine Kultur näher und hinterliess eine Spur, indem ich den Kindern deutsche Lieder beibrachte, die die Lehrerinnen weiter zu praktizieren mir versprachen. Alles in allem war es ein gelungener Abschied und ich konnte mit Freude meine zweiwöchigen Ferien antreten.
Doch zuerst hatte ich am Samstag noch die letzte AFS - Orientation, wo wir unseren Aufenthalt analysierten und reflektierten. Ich sah viele meiner internationalen Freunde wieder und auf irgendeine Art und Weise tat es gut so einen ruhigen Tag zu haben. Am Sonntag ging es dann zum Riverrafting auf den Fluss Pacuare. Das war richtig cool und voller Nervenkitzel. Ausserdem sahen wir, während wir durch den Regenwald paddelten, einige Ureinwohner Costa Ricas sowie ein paar wunderschöne Wasserfälle. Natur pur - Pura vida. Am Abend kehrte ich zurück nach Cartago - zu meiner Familie.
Ich wusste: Das Ende meines Aufenthaltes war schon ganz nahe und ich wollte jeden Tag aufs Maximum auskosten. Dennoch musste ich eine Art Kompromiss finden zwischen Rumreisen und Zeit mit der Familie verbringen. Da Alex und Ivonne nur abends zuhause waren, entschied ich mich dafür die letzten fünf Tage mit ihnen zu verbringen und die ersten eineinhalb Wochen rumzureisen.
Am Montag besuchte ich so den botanischen Garten Lankester in Paraíso sowie das Städtchen Orosí (das in ein kleines Tal eingebettet ist), wo eine Arbeitskollegin von mir wohnt. Der botanische Garten zeigte mir die reiche Vielfalt von Pflanzen in Costa Rica, während ich in Orosí die älteste Kirche Costa Ricas und eine alte Hängebrücke über den Fluss, der das Tal durchfliesst, begutachten konnte. Die Schwester meiner Arbeitskollegin führte mich zusammen mit ihrer Tochter und ihrer Nichte durch das Städtchen und zeigte mir so die wichtigsten Punkte, die man sehen sollte als Tourist. Am Abend ging es heim, um den Koffer zu packen, denn von Dienstag bis Donnerstag würde ich mit meinen beiden Freundinnen Melina und Judith nach Manuel Antonio und Jacó an den Strand fahren.
Uns so war es dann auch. Wir nahmen den direkten Bus von San José nach Manuel Antonio und kamen gegen Mittag dort an. Wir suchten uns ein preisgünstiges Hostel und danach ging es auch schon an den Strand. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag da und genossen die Sonne. Am späteren Nachmittag nahm ich eine Surflektion, die richtig toll war. Nach ein paar Trockenübungen ging es auch schon ins Wasser und es war gar nicht so schwer auf dem Brett stehen zu bleiben - sofern die Wellen nicht all zu hoch waren, denn teils kamen echt hohe und starke Wellen auf den Strand zugepresst. Somit hatte ich nach einigen Misserfolgen recht schnell den Dreh raus. Leider aber verschlechterte sich das Klima stark und ich beendete die Lektion in strömenden Regen. Auch meine Freundinnen, unsere Kleidung und Badetücher waren total durchnässt. So verbrachten wir den Rest des Abends am Pool des Hostels, bevor wir noch auswärts essen gingen.
Am folgenden Tag besuchten wir dann (wie immer schon in aller Frühe) den Nationalpark von Manuel Antonio. Wir wanderten einige Stunden durch den Feuchtwald (so wird dieser etwas weniger feuchte Wald (im Vergleich zum Regenwald) an der Pazifikküste) genannt. Dennoch war es unglaublich heiss und uns lief der Schweiss in Strömen hinunter. Das lange Laufen machte müde und durstig, doch die Mühe lohnte sich: Wir sahen viel von der Vegetation, hatten Ausblick auf den tiefblauen Pazifik und entdeckten ausserdem drei wunderschöne Strände innerhalb des Nationalparkes. Zum Schluss entspannten wir uns dann genau an einem dieser Strände und genossen die Sonne, bevor wir dann auch schon wieder gehen mussten, weil der Park bereits um 16.00 Uhr schliesst. Am Abend assen wir nochmals auswärts und genossen das Ambiente, bevor wir uns am Donnerstag auch schon auf nach Jacó machten - ein anderer Strand etwas weiter nördlich an Pazifikküste von Puntarenas. Wir sonnten und badeten uns - die Wellen waren echt hoch und man musste aufpassen, dass sie einen nicht mit hinauszogen - und am späten Abend machten wir uns auf nach San José (also ich nach Cartago, aber meine Freundinnen wohnten in San José). Ich war müde, wusste aber, dass mir noch zwei weitere lange Reisen bevorstünden.
Freitag verbrachte ich zuhause mit Sport machen, Alex' Mutter besuchen und einem Abschiedsabendessen mit meinen Mädels von der Tuchakrobatik. Alles in allem war viel Programm, aber ich genoss es in vollen Zügen.
Samstags verliess kurz nach 4.00 Uhr das Haus und machte mich auf nach Puerto Viejo in der Karibik. Leider lud mich der Taxifahrer in San José am falschen Busterminal ab und so fuhr ich zuerst nach Limón und nahm dort den Bus nach Puerto Viejo. Da ich aber alleine reiste (weil AFS meinen minderjährigen Kollegen die Reise nicht genehmigte) hätte ich allerdings nicht Cristina - eine 28 - jährige Spaniern - in Limón kennengelernt. Wir schlossen sogleich Freundschaft und beschlossen gemeinsam Puerto Viejo zu erkunden. So mieteten wir Fahrräder, fuhren durch den Regenwald und fanden verschiedene, wunderschöne Strände (z.B. Punta Uva, wo das Meer richtig klar und türkisblau ist). Wir schossen Fotos, entspannten uns im warmen Wasser und hofften, dass es nicht zu regnen anfangen würde. Am Abend besichtigten wir das Dörfchen, das sich voller Souvenirläden, Bars und amerikanischer Touristen anbot. Ein wenig ein Mallorca von Costa Rica könnte man sagen. Wir schliefen auch in einem Hostel, in welchem bis spät in die Nacht die Musik aufgedreht war und Party gemacht wurde. Wir beide gingen aber eigentlich relativ früh zu Bett. Unterdessen machte sich Ivonne grosse Sorgen, weil ich alleine unterwegs war und Puerto Viejo nicht so ungefährlich ist. Ich konnte sie aber einigermassen beruhigen, da ich ja mit Cristina unterwegs war und nicht auf Partys etc. ging.
Am Sonntag ging Cristina auf eine Regenwaldtour, während ich mit dem Fahrrad nach Manzanillo fuhr, dort frühstückte und danach zurück nach Puerto Viejo fuhr, wo ich einige Souvenirs kaufte, das Fahrrad zurückgab und danach den Rest des Nachmittags am Strand verbrachte. Gegen Abend verabschiedete ich mich von der traumhaften Karibik und fuhr dieses Mal mit dem direkten Bus nach San José.
Dort passierte mir leider etwas sehr dummes: Die Busse von Puerto Viejo kommen im selben Terminal an, wo auch die Busse nach Monteverde - wohin ich in meinen letzten drei Reisetagen gehen möchte - losfahren. So wollte ich, dass mich ein Taxifahrer zu einem naheliegenden Hostel bringt, sodass ich am nächsten Morgen nahe beim Busterminal bin. Dieser aber meinte, dass sie nächsten Tag die Brücke zwischen San José und Alajuela reparieren würden und der Bus somit von Alajuela losfahren würde. Ich fragte Alex und Ivonne und diese meinten, dass es möglich sei und ich doch einfach den Bus nach Alajuela nehmen solle. So wollte ich, dass der Taxifahrer mich zur Busstation von Alajuela bringt, aber er behauptete, dass der letzte Bus bereits abgefahren sei (es war bereits 21.00 Uhr). Da ich keine andere Möglichkeit sah, fuhr ich im Taxi nach Alajuela, obwohl mir alles sehr komisch vorkam. Ich zahlte eine hohe Summe an Geld, aber irgendwie fühlte ich mich als hätte ich keine andere Wahl. Im Hostel, wo mich der Taxifahrer rausliess, teilte man mir dann mit, dass alles eine Lüge gewesen war. Sie reparierten weder die Brücke, noch fuhr der Bus in Alajuela los - denn beim Busterminal hatte es sogar ein Schild gehabt, das besagte, dass die Busse nach Monteverde nicht mehr in Alajuela Halt machten. Der Taxifahrer hatte mich also um mein Geld betrogen und mich zudem noch an einen Ort gebracht, wo der Bus nicht mal durchfährt. Man kann sich gut vorstellen wie wütend und beschämt ich gewesen war. Doch schlussendlich brachte dies nichts. Ich musste vorwärts schauen. Ich erzählte alles Ivonne, regte mich mit ihr zusammen nochmals kurz auf, danach liess ich es aber dabei.
Am Montagmorgen nahm ich einen frühen Bus nach San José und stieg dann ohne Probleme in den Bus nach Monteverde um. Auf dem Weg lernte ich die 21 - jährige Brasilianerin Daniele kennen und freundete mich gleich mit ihr an. In Monteverde angekommen suchten wir uns gemeinsam ein Hostel, kauften für knapp 12 Dollar Essen für zwei Tage in einem Supermarkt und gingen dann am Nachmittag in den Bergen wandern - denn Monteverde ist eine Berglandschaft. Ausserdem besichtigten wir einen 20 Meter hohen Baum, in dessen Innern man hochklettern kann. Natürlich kletterte ich bis zur Krone, auch wenn meine Hände vor Schweiss nur so trieften. Am Schluss lohnte sich die Mühe: Ich kam oben an und konnte über viele tiefere Bäume hinwegsehen. Die Luft war frisch - genau wie auch das Klima - doch der Ort war einfach wunderschön. Grüne Bäume und dunkle Felsen, wo das Auge nur hinreichte. Gegen den Abend begann es zu regnen, weshalb wir uns nach dem Abstieg vom Baum eine heisse Schokolade in einem Café gönnten.
Am nächsten Morgen machte ich wohl das krasseste meiner ganzen Costa Rica - Reise: Ich ging mit Daniele zusammen über einer Schlucht Bungee jumpen. Ich kann es noch immer nicht recht glauben, dass ich dies wirklich gemacht habe. Doch, wirklich: Wir fuhren mit einer Art waagrechten Seilbahn bis zur Mitte der Schlucht, von wo wir dann aus 150m Höhe knapp 70m in die Tiefe sprangen. Wie es wahr? Unglaublich. Es gibt kein Wort, das dieses Gefühl besser beschreiben könnte. Ich war echt nervös zuvor, aber dann auf der Plattform war die Nervosität wie weggeblasen und ich sprang, als ob ich in einen See springen würde. Ich liebte es und würde es sofort wieder tun. Klar, hatte ich Angst wegen der Sicherheit, aber solche Gedanken muss man einfach ausblenden - sonst springt man niemals. Und dies lohnt sich echt. Am Nachmittag ging ich noch in die biologische Reserve von Santa Elena. Dort wanderte über acht Hängebrücken durch den Nebelwald (eine weitere Sorte von Wald in Costa Rica, die man in den Bergen des Mittelandes antrifft). Oder besser gesagt: Ich wanderte über dessen Baumkronen. Höhenangst hatte ich spätestens seit diesem Morgen nicht mehr und ich genoss den Spaziergang, trotz heftigen Regenfalls. Am Abend zog ich mit Daniele durch das Dörfchen, besuchte nochmals das Café, bevor ich dann auch schon die Koffer für den nächsten Tag packte.
Am Mittwochmorgen verabschiedete ich mich von Daniele und nahm um 6.00 Uhr den Bus nach San José. Da es noch relativ früh am Morgen war, als ich ankam, besuchte ich das Nationale Museum von Costa Rica, wo ich viele präkolombinische Funde (Goldmünzen, Ritualfiguren etc.) betrachten, eine Menge über die costaricanische Geschichte vor der Einnahme der Spanier 1502 lesen und einige zeitgenössische Bilder costaricanischer Künstler begutachten konnte. Museen sind nicht so mein Ding, aber dieser Besuch hat sich sicher gelohnt, da ich nun eine einiges mehr über die costaricanische Geschichte weiss, als zuvor. Am Nachmittag traf ich mich mit meinen Arbeitskolleginnen zum Kaffee trinken (und als Abschied, der ziemlich traurig ausfiel) und am Abend verabredete ich mit Xiomara fürs Kino. Beide Aktivitäten genoss ich total. Zudem war ich froh, dass ich jetzt alle Punkte meiner Reiseliste abgeklappert hatte und nun noch Zeit für die Familie hatte.
Am Donnerstag ging ich mir zusammen mit Natalia ein Henna Tattoo machen und zugleich Fuss - und Fingernägel anmalen. Wir assen bei Pizza Hut und lachten viel. Am Nachmittag ging ich mir nochmal die Haare schneiden, da es in Costa Rica viel billiger ist wie in der Schweiz. Danach holte mich Ivonne ab und wir gingen zu einer Abschiedsfeier von AFS - zusammen mit Alex. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie glücklich ich war sie endlich wieder bei mir zu haben. Da ich bei einem Treffen gefehlt hatte, hatte ich kein Abschiedsvideo und musste auch ganz schnell einen Abschiedsbrief hinkritzeln. Alles war ein wenig Stress für mich, aber ich nahm mir vor mich noch einmal richtig und persönlich von den beiden zu verabschieden - ohne AFS im Rücken. Ansonsten war das Fest echt lieb organisiert und ich bekam auch alle mein Geld zurück, das ich für die Busfahrt zur Arbeit ausgegeben hatte.
Am Freitag ging ich zusammen mit Ivonnes Mutter auf den Markt in San José. Sie schenkte mir eine Tasche aus Costa Rica und half mir die Geschenke für Alex und Ivonne auszusuchen. Für Alex fand ich ein Adidas - Sportshirt, das er zum Rennen anziehen konnte - und für Ivonne ein schöne, sommerliche Bluse. Es war ein ruhiger, aber dennoch ausgefüllter letzter Freitag. Leider rückte meine Abreise immer näher und ich hielt den Gedanken nicht aus ohne Alex und Ivonne zu sein bald.
Am Samstag packte ich. Danach putzen wir zum letzten Mal gemeinsam das Haus, gingen in der Mall essen und wohnten dem Geburtstagsfest von Alex' Onkel - zusammen mit Angie und Gerardo - bei. Ich trank seit langem wieder einmal Alkohol (Ivonne gab mir "Ron", also Ruhm) und natürlich fuhr er mir recht schnell ein. Aber alles war gut. Wir genossen den Abend, als ob wir noch viele solche vor uns hätten und alles war perfekt.
Am Sonntag machte ich zum letzten Mal die Fitnessübungen auf dem Computer, bevor wir zur Feier des Vatertages kombiniert mit meinem Abschiedsfest aufbrachen. Wir grillierten bei Xiomara zuhause, schossen Fotos, redeten und genossen unsere letzten Momente. Alle zusammen: Wir, Ivonnes Eltern, Natalia, Xiomara, Angie, Gerardo, Alex' Mutter und sein Bruder Andy. Ausserdem bekam ich ein Geschenk, was ich echt nicht erwartet hatte. Ivonne und Alex schenkten mir eine Fussmatte mit der Aufschrift "Upe", was man in Costa Rica sagt, wenn man an eine Tür klopft und eingelassen werden möchte, einen Anstecker mit der Aufschrift "A cachete", was man sagt, wenn etwas echt toll war, und ein lässiges Sweatshirt (das sicher Ivonne ausgesucht hatte). Ich freute mich riesig. Als am Ende der Abschied anstand (ausgenommen von Alex und Ivonne) , wollte ich nicht gehen, doch ich wusste es war an der Zeit Abschied zu nehmen. Es fiel mir echt schwer, muss ich sagen. Doch ich hoffe sie bald alle wieder zu sehen.
Zuhause dann musste ich AFS anrufen, weil ich noch immer nicht wusste wie ich zum Flughafen kommen würde. Ivonne und Alex konnten mich nicht fahren, da sie arbeiten mussten und Ivonne zudem noch Autonummern - Restriktion hatte. Das hiess, dass sie mit ihrem Auto montags nicht nach San José fahren kann. Diese Restriktion gibt es, um eine Art Kontrolle über den vielen Verkehr zu erlangen. Ausserdem: Diego war seit zwei Tagen nicht mehr erreichbar und deshalb wendete ich mich an Victoria, die Frau, die mir meine Geldrückerstattungen machte. Sie versicherte mir, dass sie die Situation lösen und mich am Montagmorgen anrufen würde. Ich war ein wenig nervös, weil alles so kurzfristig war, aber ich vertraute darauf, dass sie die Situation ausbügeln würde. Nach diesem unangenehmen Teil kam ein wenig ein angenehmerer Teil, denn ich überreichte meinen Gasteltern ihre Abschiedsgeschenke - zusammen mit einem persönlichen Abschiedsbrief, den ich ohne Stress schreiben konnte. Sie freuten sich riesig und es war ein echt schöner und inniger Moment, denn wir teilten. Ausserdem überreichte ich ihnen ein Buch über die Schweiz - mit vielen Bildern - sodass sie schon mal einen Eindruck von meinem Land bekommen, bevor sie in mein Heimatland kommen. Dies haben sie nämlich vor und ich hoffe, dass sie es so schnell wie möglich in die Tat umsetzen.
Am Montagmorgen war der Moment gekommen: Ich musste mich verabschieden. Okay, zuerst nur von Alex, der ausserhalb vom Haus arbeiten gehen musste. Ich umarmte ihn und ich wollte nicht, aber ich musste ihn gehen lassen. Zumindest weinte ich (noch) nicht. Danach verbrachte ich den Morgen mit Ivonne, die aber ebenfalls arbeiten musste und mir nur bei Dingen wie den Koffer schliessen half. Um 9.00 Uhr rief Victoria an teilte mir mit, dass ich um 13.00 Uhr im Büro von AFS sein musste und von dort aus zum Flughafen transportiert werden würde. Ivonne organisierte mir ein Taxi, das mich um 12.00 Uhr zuhause abholte. Ich verabschiedete mich von den Hunden und dann sogleich von ihr, indem ich mich in ihre Arme warf. Ich wollte sie nicht loslassen. Ich wollte nicht in das Taxi steigen. Doch ich wusste, dass ich genau dies tun musste. Es fiel mir so unendlich schwer, doch am Schluss war ich auf dem Weg nach San José. Viel bekam ich davon aber nicht mit, weil ich den ganzen Weg weinte wie ein Baby. Normalerweise war ich nicht so nahe am Wasser gebaut, aber dies ging mir so nahe. Alex und Ivonne waren meine zweite Familie und es tat so weh sie zu verlassen, unwissend wann ich sie wiedersehen würde. Das Taxi zahlte AFS, ich stieg um und pünktlich um 14.00 Uhr war ich dann beim Flughafen.
Dort traf ich auf meine belgischen Freundinnen Justine und Judith. Wir gingen gemeinsam zur Ausreisegebührstelle und danach zur Gepäckaufgabe, wo ich dank sechs Kilos Übergewicht noch eine Busse von 100 Dollars zahlen durfte. Danach verabschiedeten sie sich weinend von ihren Familien, was mich abermals zu Tränen rührte. Wir passierten die Sicherheitskontrolle und eine knappe Stunde später sassen wir auch schon im Flugzeug Richtung Madrid. Ich meldete Ivonne, dass alles gut gegangen war und liess meinen Blick ein letztes Mal über Costa Rica schweben - denn ich hatte endlich mal einen Fensterplatz. Der Flug verlief relativ ereignislos: Ich schaute Filme und ass. Um 10.00 Uhr Ortszeit kamen wir in Madrid an. Ich verabschiedete meine Freundinnen auf ihrem Gate, da ihr Flug nach Brüssel schon um 11.30 Uhr losflog, während ich viereinhalb Stunden Aufenthalt hatte. Ich ging zu Starbucks und hing rum, da das Wlan innerhalb des Flughafens auch nicht funktionierte. Um 15.40 Uhr stieg ich dann ins Flugzeug nach Zürich, wo ich neben einem älteren argentinischen Ehepaar sass. Während ich mit ihnen redete wurde mir bewusst, dass dies nun meine letzten spanischen Wörter sein würden, die ich für eine lange Zeit sprechen würde. Okay, mich erwartete ein kolumbianischer Austauschschüler, der ein Jahr in meinem Haus wohnen würde, aber ich sollte ja Deutsch sprechen mit ihm - sodass er es lernt.
Um 18.00 Uhr landete ich dann in Zürich. Während ich ausstieg, mein Gepäck abholte und Richtung Ausgang ging, wurde mir klar, dass meine Sprachaufenthalt in Costa Rica nun endgültig vorbei war. Als ich dann meine Familie erblickte, ging ich ihnen mit gemischten Gefühlen entgegen: Einerseits freute ich mich sie nach so langer Zeit wiederzusehen, andererseits spürte ich, dass ich sehr lange brauchen würde mich wieder an das Leben in der Schweiz zu gewöhnen und vor allem nicht stündlich an Alex und Ivonne sowie an die grosse Distanz, die zwischen uns lag, zu denken. Ich vermisste sie - seit ich ihr Haus verlassen hatte. Und ich werde sie immer vermissen - egal wie viel Zeit vergehen wird. Sie haben mir so unendlich viel gegeben und ich bin ihnen so dankbar dafür. Ich glaube ich bin ein Stück erwachsener geworden in diesem halben Jahr und habe einiges fürs Leben gelernt. Diese Erfahrung war für mich ein Wechselbad der Gefühle, aber vor allem eines: Einzigartig. Niemals in meinem Leben werde ich wieder so etwas machen und ich bin überglücklich, dass ich dies alles erleben durfte. Dass ich so viel von diesem traumhaften Land sehen durfte. Dass ich so viele neue Menschen kennenlernen durfte. Dass ich in eine neue Kultur eintauchen durfte. Dass ich einen Teil meines Herzens in Costa Rica lassen durfte - bei Menschen, die ich über alles liebe und niemals vergessen werde.
Somit schliesse ich meinen Blog über mein Semester in Costa Rica. Nur noch eines: PURA VIDA Y NOS VEMOS, COSTA RICA.
In Tortuguero am Strand |
Nationalpark von Tortuguero |
Unser "Zimmer" im Hotel |
Sonnenuntergang auf dem Fluss |
Abschied von der Arbeit |
Botanischer Garten Lankester |
Playa Manuel Antonio |
Am Strand des Nationalparks |
Im Feuchtwald |
Am Strand in der Karibik |
Playa Punta Uva |
Playa Puerto Viejo |
Monteverde |
Papagei "Lora" |
Bungee Jumping |
Nebelwald in Santa Elena |
Geburtstagsfest von Alex' Onkel |
Abschiedsfest mir der Familie |
Costa Rica von oben |
Wiedersehen mit der Familie |